Reggiopädagogik & Fundraising

2014-03-25 11:04
von Susanne Günsch

Wie die Kita in Wechselwirkung mit ihrer Umgebung kommt

Plakat Remida Day, Reggio Emilia
Plakat Remida Day, Reggio Emilia
Plakat Remida Day, Reggio Emilia

In Reggio Emilia heißen die Kitas “Schulen der Kindheit” und sind in das gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Leben der Stadt eingebunden. Hier lebt eine Beteiligungskultur sowohl im Innern der Kitas als auch in ihrer Umgebung. Und das ist, mal ganz abgesehen von den beispielhaften Bildungsprozessen, die die ErzieherInnen dort mit Unterstützung der Pedagogista und Artelierista initiieren, ein weiteres Erfolgsgeheimnis der Kitas in Reggio. Die Dokumentationen über die Arbeit mit den Kindern sind ein hervorragendes Marketingmerkmal: Die Eltern  können nachvollziehen, was ihre Kinder dort erleben und engagieren sich deshalb auch gerne. Die Kommunalverwaltung, als Träger der Kitas, macht so transparent wofür der Bildungsetat ausgegeben wird. Betriebe uns Wirtschaftsunternehmen sind ohnehin oft Ziele der Forschungsreisen der Kinder, ebenso Kultureinrichtungen. Kein Wunder also, dass ihre Namen und Unternehmenszwecke sich in den Dokumentationen wiederfinden. Das ist fast schon eine Vorstufe des Sponsoring. Auf diese Weise haben die Kitas in Reggio ihre Freunde zu Förderern gemacht. Die Kitas sind so erfolgreicher Teil des öffentlichen Lebens.

Davon können die Kitas hierzulande viel lernen.

1.    Besuche und Forschungsreisen zu Denkmälern, Museen, Institutionen, Theatern, Geschäften, Handwerkern, Bahnhöfen, Fabriken.... In erster Linie geht es natürlich darum den Kindern das Leben zu zeigen, Impulse zu geben. Aber in zweiter Linie geht es auch darum, überall einen Eindruck zu hinterlassen, wie Kinder lernen und wie ErzieherInnen sie heranführen – kurz: wie wichtig und vielschichtig und vor allem zukunftsweisend diese Aufgabe ist. Genießen Sie die Dialoge und initiieren Sie daraus Beziehungen.
2.    Ein Netzwerk auf Gegenseitigkeit knüpfen. Eltern, die gern ihre Fähigkeiten einbringen, Lieferanten, Nachbarn, Betriebe in der Umgebung usw. Aber auch neue Kontakte knüpfen, die zukünftig interessant und wichtig werden könnten. Gegenseitiges Geben und Nehmen ist dafür die wichtigste Voraussetzung. So gewinnt man Freunde, die gerne auch Förderer werden. Weil sie mit Ihrer Kita, der Arbeit, den MitarbeiterInnen etwas Positives verbinden.
3.    Aktiv Öffentlichkeitsarbeit betreiben: Die Arbeit mit den Kindern, aufgeschlüsselt nach Impulsen der ErzieherInnen und der Kinder, Erkenntnisprozessen, Erfahrungen wird dokumentiert. Selbstverständlich in der Kita, aber nach Möglichkeit auch draußen: an öffentlichen Orten oder in Geschäften.
Und vor allem mit Worten, die ganz normale Menschen verstehen. Beschreiben Sie einfach, was Sie tun, wie sie es tun und warum. Und nennen Sie die offenen Fragen, bieten Sie Unterstützungsmöglichkeiten: Die Kinder haben eine Frage, die keine Erzieherin beantworten kann?
Ganz wichtig: Bei Öffentlichkeitsarbeit und Marketing geht es zuerst darum, sich zu profilieren und damit Vertrauen zu schaffen.
4.    Um Unterstützung bitten und die Möglichkeiten aufzeigen. Nun haben Sie viel getan, um in Ihrer Umgebung zur „Marke“ zu werden: d.h. man kennt Ihre Einrichtung, schätzt die Qualität, verbindet etwas Positives. Nun können Sie für gezielte Projekte um Unterstützung bitten: sei es um Geld, handwerkliche Hilfe, Wissen etc. Die erste Überlegung ist die der Zielgruppe. Wen wollen Sie ansprechen? Wer könnte der richtige Adressat sein – und warum? Wie kommunizieren Sie Ihr Anliegen so, dass sich die Zielgruppe wirklich angesprochen fühlt? Was genau wollen Sie, was ist Ihre eigene Leistung? Warum gerade Ihre Einrichtung und dieses Projekt? Und – allerwichtigste Überlegung: was hat der Spender davon?

Fundraising ist nicht der schnelle Weg zum großen Geld, sondern Bestandteil einer Kommunikations- und Marketingstrategie.  Es beginnt mit dem Bewusstsein – nicht dem dass man Geld braucht, sondern dem, dass man eine wichtige gesellschaftliche Aufgabe erfüllt, zu deren Gelingen Menschen etwas beitragen können.
Dann kommt das Handwerkszeug. Das Wissen um gutes Positionieren und erfolgreiche Kommunikation und Marketing. Sicherlich werden jetzt einige einwenden, dass sie auch ohne das alles immer mal wieder Geld gespendet bekommen oder praktische Unterstützung der Eltern. Aber das ist ja keine langfristige Strategie. Fundraising macht Freunde zu Spendern, bindet Spender an die Organisation, bietet Beteiligungsmöglichkeiten und ist geplant und damit planbar. Hier ist Reggio für uns eine hervorragende Orientierung.
 
*)Was bedeutet Fundraising?

Der Begriff Fundraising kommt aus dem amerikanischen und wird übersetzt mit:
fund = Geld, Kapital, Schätze.
to raise: aufbringen, beschaffen, heben
und bedeutet Mittelbeschaffung und Ressourcenmanagement.

Damit sind 

  • Geld
  • Sachspenden
  • Zeitspenden in Form von ehrenamtlichem Engagement sowie Wissenstransfer
  • Social Sponsoring
  • Stiftungsmarketing

gemeint.

Fundraising ist der Oberbegriff für Spendensammeln und Sponsoring und beinhaltet das regelmäßige und systematische Werben um Mittel für gemeinnützige Organisationen bzw. Einrichtungen. Dazu ist die Gestaltung von vertrauensvollen Beziehungen zu bestehenden und potenziellen Unterstützern notwendig.

Erfolgreiches Fundraising braucht

  • Systematische Öffentlichkeitsarbeit
  • Zielgruppenorientiertes Marketing
  • Transparentes Management

 

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